Felix Klein: "Der schreckliche Anschlag von Halle vor einem Jahr markiert einen Einschnitt“

Typ: Pressemitteilung , Datum: 08.10.2020

Der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, äußert sich anlässlich des Jahrestages des antisemitischen Anschlags von Halle am 9. Oktober 2019, bei dem der Täter zwei Menschen tötete und viele weitere verletzt und traumatisiert wurden.

Der schreckliche Anschlag von Halle erfüllt mich auch ein Jahr danach noch mit Entsetzen und Fassungslosigkeit. „Halle“ markiert einen Einschnitt und zeigt, dass jeder Mensch, ob jüdisch oder nicht-jüdisch, Opfer eines antisemitischen Anschlags werden kann. Die Politik hat reagiert und weitreichende Konsequenzen gezogen. 

Erst vor zwei Wochen hat Bundesinnenminister Horst Seehofer verkündet, dass die Bundesregierung zusätzlich 22 Millionen Euro für bauliche Schutzmaßnahmen jüdischer Einrichtungen bereitstellt. Für die konkreten Sicherheitsmaßnahmen und -konzepte vor Ort sind im Rahmen unseres föderalen Systems die Länder zuständig, die ihrerseits ihre Anstrengungen erhöht haben und zugleich die Sonderzahlung des Bundes als weiteren Ansporn verstehen können, mit aller Kraft für die Sicherheit von Jüdinnen und Juden zu sorgen. 

Der nach Halle eingerichtete Kabinettausschuss gegen Rechtsextremismus und Rassismus arbeitet aktuell einen umfangreichen Maßnahmenkatalog aus. Dieses Engagement der Bundesregierung und dabei der Bundeskanzlerin auch ganz persönlich zeigt die enorme politische Bedeutung, die sie dem Kampf gegen den Rechtsextremismus beimisst. Letzterer ist zu einem erheblichen Anteil mit dem Kampf gegen Antisemitismus verbunden. Das nach Halle beschlossene Maßnahmenpaket der Bundesregierung mündete unter anderem in den Gesetzentwurf gegen Hass und Hetze im Internet, der genau an der richtigen Stelle ansetzt um zu verhindern, dass aus hasserfüllten Worten irgendwann hassgetriebene Taten werden. 

Zugleich möchte ich betonen: Wir müssen reden. Es bedarf dringend einer Debatte über den tief sitzenden Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft, seine Hintergründe und die erforderlichen repressiven und präventiven Gegenmaßnahmen. Wir müssen uns fragen: Was können wir als Gesellschaft, was kann jeder und jede Einzelne dafür tun, dass Antisemitismus nicht weiter Raum greift und diese zutiefst demokratiefeindliche Gesinnung zurückgedrängt wird. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Der Staat allein kann das nicht richten!